Montag, 8. Januar 2007

Wer sind wir?

Wir sind eine Projektgruppe und besuchen die Fachhochschule St. Pölten Studienrichtung "Soziale Arbeit".
Im Rahmen unseres Projektes beschäftigt sich unsere Gruppe mit dem Thema Menschen mit Behinderung und Sex. Deshalb gründen wir einen fiktiven Verein um eben diesen Menschen unsere Dienstleistungen anzubieten bzw. Tabus in unserer Gesellschaft zu brechen.
Wir bilden SexualbegleiterInnen aus, die Menschen mit Handicaps sexuell unterstützen, sei es durch erotische Massagen, Hilfe bei der Selbstbefriedigung, Geschlechtsverkehr usw. Dadurch wollen wir Menschen mit Handicaps befähigen und ermutigen, eine selbst bestimmte Sexualität zu leben. Unser Ziel ist es eine breit gefächerte Palette an sexuellen Wünschen und Vorlieben anzubieten.

Der blog dient auch dazu, dass jede/r seine Meinung zu diesem Thema äußern kann.
Mit Hilfe dieses blog setzen wir einen ersten Schritt die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.

Sonntag, 7. Januar 2007

Ein Bericht einer jungen Frau, die in einer Lebenshilfe Werkstätte arbeitet

Ich arbeite in einer Lebenshilfe Werkstätte für erwachsene Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Mein Auftrag ist es, diese Menschen in ihren alltäglichen Lebenssituationen zu begleiten und dabei auf größtmögliche Selbständigkeit zu achten.
Prinzipiell bin auch ich der Meinung, dass jeder Mensch das Recht hat seine persönliche Sexualität auszuleben.
In dem Bereich in dem ich arbeite, kann nur selten jemand seine Wünsche diesbezüglich äußern:

 Weil dieses Thema grundsätzlich vom sozialen Umfeld (Eltern, Familie, Betreuer...) totgeschwiegen wurde/wird bzw. die Meinung gängig war/ist, dass Menschen mit Handicap keine Sexualität haben bzw. haben dürfen
 Weil Menschen mit Handicap ihre sexuellen Bedürfnisse nicht kennen / nicht zuordnen können / nicht benennen können und daher auch nicht in der Lage sind, diese Wünsche zu äußern
 Weil Defizite in der körperlichen Wahrnehmung/Ausdrucksmöglichkeiten vorhanden sind
 Weil die Frage auftaucht, Wie „beziehungsfähig“ Menschen mit Handicap sind?
 Weil Sexualität meist nur mit körperlicher Liebe verbunden wird (dabei gehört soviel mehr dazu ) uvm.

Wir als Betreuer sehen es als Aufgabe Menschen mit Handicap auch in diesem Bereich zu begleiten. Es gibt professionelle Unterstützung, die angefordert werden kann, (zBsp. Special love talks = Workshops für Menschen mit Handicap in denen es darum geht seinen eigenen Körper kennen zu lernen/Welche Berührungen mag ich, welche nicht?/ Geschlechtsunterschiede aufzulisten/ Gefühle zu benennen: Liebe, Eifersucht, Ängste....).
Dennoch würde ich mir noch mehr professionelle Unterstützung auch für uns Betreuer wünschen (Fortbildungen zu dem Thema...).

Grundsätzlich gilt für mich, dass Sexualität – in welcher Form auch immer - ein wichtiger Teil unseres Lebens ist, der gerade in meinem Beruf ein hohes Maß an Sensibilität erfordert und jeder Menschen mit Handicap individuell betrachtet werden soll.
Unsere Einrichtung strebt einen gesunden, natürlichen Umgang mit dem Thema Sexualität an und von Kollegen weiß ich, dass es in manchen Einrichtungen ganz „ normal“ ist, dass zwei Menschen mit Handicap eine Beziehung miteinander haben und diese auf ihre individuelle Art ausleben können.
Tabus aufzubrechen bedeutet eine Bewusstseinsänderung, die vor allem Zeit, Geduld und Verständnis benötigen wird; dennoch bin ich zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Freitag, 5. Januar 2007

"Weil das alles weh tut mit Gewalt"

von Dr. Aiha Zemp

Sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Frauen mit Behinderung war noch lange ein großes Tabu, als sie im Lebenszusammenhang von Frauen ohne Behinderung längst thematisiert wurde. Durch die weltweit erste Studie « ‹Weil das alles weh tut mit Gewalt› – Sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Frauen mit Behinderung» wurde deutlich, dass Menschen mit Behinderung in weitaus größerem Ausmaß sexueller Gewalt ausgesetzt sind als Menschen ohne Behinderung. Dass auch Männer mit Behinderung Täter von sexuellen Gewalthandlungen sind, war ein von Professionellen zwar beobachtetes, aber absolut verschwiegenes Tabu bis zur Studie „Sexualisierte Gewalt im behinderten Alltag – Jungen und Männer mit Behinderung als Opfer und Täter“.

Wenn ihr mehr darüber lesen wollt, einfach die Überschrift anklicken!

Montag, 1. Januar 2007

Heilend berühren oder krank kopulieren

von Mag.a Gerlinde Knaus

"Verhinderte Sexualität"
Sexualassistenz als spezieller Sex-Service für Behinderte ist wild umstritten. Die Vorstellung, dass so genannte Sex-Helpers, meist Frauen, für Geld selbst aktiv "Hand anlegen", löst Befremdung aus und konfrontiert gleichzeitig mit dem beschränkten gesellschaftlichen Umgang von Sexualität.

Die in Berlin lebende Sexualassistentin, Nina de Vries, arbeitet überwiegend mit geistig behinderten Männern und sie kann Bände über die "verhinderte Lust" erzählen. Wie in anderen europäischen Ländern ist dieses Thema auch in Österreich ein Tabu.


Nina de Vries arbeitet seit zehn Jahren als "Sexualbegleiterin" und bietet erotische, sinnliche Berührungen an. Zu ihren Klienten gehören fast ausschließlich geistig behinderte Männer. Warum das so ist, darüber kann man/frau nur spekulieren, meint Nina de Vries, denn ihr Angebot gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Gelegentlich arbeitet sie auch mit Frauen. Sie erzählt von C., die 32 Jahre alt war, als Nina de Vries sie kennen lernte. "Sie ist in einem Heim aufgewachsen und irgendwann durch Umstände und Missverständnisse, die ich nicht genau kenne, in der Psychiatrie gelandet, wo sie ganz klar nicht hingehört", berichtet de Vries. C. werde als "geistig behindert" eingestuft. Sie habe stark autistische Züge. Sie kommuniziere mit Tönen/Mimiken und teilweise mit Gebärden. Jetzt lebe sie seit einiger Zeit in einem "Enthospitalisierungsprojekt" (sozial therapeutisches Wohnen) in Berlin. Dort wurde beobachtet, dass sie sich oft längere Zeit auf die Toilette zurückgezogen hätte, um zu masturbieren. "Sie fand keinen Weg dies erfolgreich durchzuführen und deshalb war sie meistens sehr unausgeglichen. Sie hat eine starke Tendenz zur Auto-Aggression", so de Vries. "Mein Auftrag war es ihr eine Technik der Selbstbefriedigung zu vermitteln. Ich habe dann mit ihr vier Monate lang einmal wöchentlich gearbeitet. Ich mochte sie und habe mich dafür interessiert, sie besser kennen zu lernen." C. wird von Nina de Vries als eine Frau mit einem starken Willen und einem sehr heftigen/feurigen Temperament beschrieben. "C. konnte vieles verstehen, was ich zu ihr sagte und sie konnte sich mit kleinen Unterbrechungen zwischendurch (Zwangshandlungen) voll und ganz unseren Begegnungen widmen." Nina de Vries zeigte ihr in den Sitzungen "ein paar Sachen", anfangs ausschließlich an ihrem eigenen Körper. "Ich habe sie massiert und wir waren auch zusammen in der Badewanne. Unser Zusammensein war behutsam und immer auch verspielt. Irgendwann habe ich ihr einen Vibrator gezeigt und wie man damit umgeht." Dies konnte sie zwar nicht direkt umsetzen, trotzdem glaubt Nina de Vries, dass die Treffen eine Bereicherung für C. dargestellt haben. Dass C. insgesamt "zufriedener" wurde, bestätigte auch ihr Betreuer, der Nina de Vries für diese Hilfestellung aus einer gewissen Ratlosigkeit heraus engagierte. Die Betreuer der Einrichtung, in der C. jetzt lebt, wussten natürlich um die sexuelle Not von C. Sie wäre vor den Begegnungen mit Nina de Vries "immer sehr ruppig mit sich selber umgegangen". Dies hätte sich durch den intimen Kontakt zur Sexualbegleiterin grundlegend geändert.

Donnerstag, 28. Dezember 2006

Was behindert denn die Liebe?

von Dr. Aiha Zemp
Sexualität, Liebe und Freundschaft von Menschen mit Behinderung waren bis Ende der sechziger Jahre ein absolutes Tabu. Behinderte Frauen und Männer, die sich das Ausleben der Sexualität auch schon vor dieser Zeit nicht einfach verbieten ließen, waren als triebhaft verschrien und wurden oft kurzerhand zwangssterilisiert. Mit den Möglichkeiten verschiedener Verhütungsmittel und unter dem Druck von Betroffenen wurde das Thema der Sexualität bei Menschen mit Behinderung allmählich enttabuisiert. Dennoch gibt es im aufgeklärten Europa nach wie vor Heime - vor allem für Menschen mit geistiger Behinderung - , in denen Paare nicht zusammen sein dürfen; nach wie vor verbieten Eltern ihren erwachsenen behinderten Töchtern und Söhnen das Ausleben von Sexualität - eine unverschämte Machtdemonstration. Das hat zur Folge, dass Betroffene Sexualität oft nur auf eine höchst unwürdige Art ausleben können.


Was ist es denn, das Liebe und Sexualität von Menschen mit Behinderung behindert oder vielmehr verhindert? Sind es tatsächlich die gelähmten Körperpartien, die fehlenden Gliedmaßen, die ruhelosen Spasmen, die tiefere Intelligenz? Sind es nicht vielmehr die mangelnde Sexualaufklärung, das Ausgeliefertsein an nicht behinderte Menschen, die ihre (verklemmte) Sexualmoral den von ihnen Abhängigen aufdrängen, oder die nicht respektierte Intimsphäre bis hin zu Medikamenten gegen Epilepsie oder Psychopharmaka, die einen Libidoverlust zur Folge haben? All das können mögliche Faktoren sein, die die Sexualität von Menschen mit Behinderung behindern oder verhindern.

Sexualität von Menschen mit Behinderung scheitert nämlich weitaus öfter an mangelnden Liebesbeziehungen als an Potenzproblemen, und diese sind auch durch keinen Plastikpenis oder andere Prothesen zu ersetzen.
Alle Menschen mit einer Behinderung haben die Aufgabe, mit den Einschränkungen so lange zu ringen, bis die eigenen Begrenzungen angenommen werden können als etwas einem Zugehöriges wie grüne Augen oder krauses Haar. Und da eben ist der eine kleine Unterschied: nicht sichtbar behinderte Menschen können sich meist länger oder bequemer um ihre Begrenzungen herummogeln. Je mehr sie das tun, desto weniger sind sie fähig, einen Menschen mit einer vielleicht sichtbaren Behinderung zu lieben; bewusst oder unbewusst sind sie froh, wenn Behinderte weiterhin unter ihresgleichen abgeschoben bleiben.


Wenn Menschen mit Behinderung zum selbstverständlichen Bild einer Gesellschaft gehören, werden sie auch irgendwann als mögliche LiebespartnerInnen wahrgenommen. Damit eine solche Liebe tagtäglich aber auch gelebt werden kann, braucht es das System der persönlichen Assistenz, weil ohne diese eine Partnerschaft zu einem unheilvollen gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis verkommt.

Samstag, 2. Dezember 2006

Liebesspiel mit Tücken

Sich den Wunsch nach Zärtlichkeit und Nähe zu erfüllen, erweist sich in vielen Fällen für allein stehende Körperbehinderte als schwierig. Ein Weg, der natürlichen Sehnsucht nachzukommen, kann der Besuch in einschlägige Salons sein, meist werden hier aber die Bedürfnisse nicht erfüllt.

Die Erfahrungen eines 35jährigen Mannes mit cerebralen Bewegungsstörungen (diese sind gekennzeichnet durch Veränderungen in der Muskelspannung und bei der Bewegungskoordination. Alle Bewegungsabläufe können erschwert sein: Fortbewegung ebenso wie Bewegungen der Arme und Hände und Sprechen.)

Er fährt keinen Rollstuhl, aber seine Feinmotorik und seine Sprechkünste entsprechen nicht dem gängigen Muster von Otto Normalverbraucher. Beruflich ist er im administrativen Bereich tätig, und lebt allein in einer 1 ½ Zimmer-Wohnung.

Bis zu seinem 22. Lebensjahr hatte er noch nie sexuellen Kontakt erlebt. Er beschaffte sich Befriedigung mit onanieren, was natürlich nicht so spannend war als Sex mit einer Frau. Nach anfänglichem Zögern, entschloss er sich, eine Prostituierte aufzusuchen.
Während eines Ferienaufenthaltes in Kenia, ging er nach einem nächtlichen Discobesuch mit seiner „ersten Geliebten“ nachhause. Wegen sprachlicher Barrieren gab es kleinere Kommunikationsschwierigkeiten, dennoch war es ein sehr eindrucksvolles Erlebnis.

Danach besuchte er in seiner Umgebung Bordells.
Zusammenfassend einige Erlebnisse: Durch seine Sprachbehinderung entstanden schon mal Missverständnisse, und so wurde er von einer Prostituierten mit freundlichem Rat konfrontiert, er solle seinen Alkoholkonsum etwas dosieren.
Hier ist einerseits Riesenfrust aufgekommen andererseits kam große Trauer hoch.
Es tauchen auch schon mal Fragen auf wie, bin ich als Mann mit meiner Behinderung derart unattraktiv, dass nicht einmal eine „Hure“ ihr Geld an mir verdienen will?

Viele Prostituierte haben oder nehmen sich nicht die Zeit auf Menschen mit Handicap einzugehen. Da kann es schon mal passieren, dass der Zeitaufwand beim Ausziehen der Kleidung höher ist. Letztendlich ging der 35 jährige Mann ohne sexuellen Höhepunkt und mit etwas weniger Geld im Portemonaie wieder nachhause.

Es ist also alles andere als leicht, dass Menschen mit Handicap ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen können.

Freitag, 1. Dezember 2006

fm4 Jugendzimmer

Zum Thema unseres bolgs gab es auf fm4 im Jugendzimmer am 1.12.2006 einen sehr interessanten Beitrag. Für weitere Informationen könnt ihr folgende Seite besuchen: http://lizart-funnyfacts.blogspot.com/